Wenn mein Nachbar ein Wildschwein ist

Aquarel Schwein - Illustration © Michele Carloni

„Wenn mein Nachbar ein Wildschwein ist“ – Aquarell Illustration © Michele Carloni

Immer häufiger dringen Wildschweine in die Städte ein. Viele von ihnen haben ihre Scheu vor Menschen schon lange verloren. Die Wissenschaftler versuchen die Gründe ihrer Verbreitung in den menschlichen Lebensraum zu erkunden.

Sie sind intelligent und schlau. So viele sind die Wildschweine geworden, dass Obelix heute nicht zögern würde, nach Düsseldorf, Leipzig oder Berlin umzuziehen. Hier würde er eine ideale Umgebung finden, um seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen: Wildschweine jagen. Ihre Verbreitung in den vergangenen Jahren hat in Deutschland drastisch zugenommen. Die Begegnung mit Wildschweinen in Siedlungsgebieten gehört bereits zum Alltag in der ganzen Bundesrepublik.boar-pixabay

Mein Nachbar das Wildschwein

Es wird geschätzt, dass in Berlin ca. 4.000 Wildschweine leben. Schwarzwild werden sie wegen ihres manchmal sehr schwarzen Fells auch genannt und können bis 150 kg  wiegen. Mit vielen Parks, Seen und Kanälen steht den Wildschweinen ein attraktiver Lebensraum zur Verfügung.

Umfangreiche Studien versuchen seit Jahren das Phänomen an der Wurzel zu packen. Wildschweine waren zwischen dem 19. und dem 20. Jahrhundert in Europa fast ausgestorben. Heute haben die Wildschweine weite Teile ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets zurückerobert und vermehren sich mit beunruhigender Geschwindigkeit. Mit dem Klimawandel genießen die Tiere im Winter mildere Temperaturen. Ihre Suche nach Futter wird einfacher und erfolgreicher.

Auch der Rückgang der Raubtiere hat dazu geführt, dass die Frischlinge eine höhere Chance haben zu überleben. Nicht zuletzt trägt die Fruchtbarkeit des weiblichen Wildschweines zum Wachstum der Population bei. Nach einer relativ kurzen Tragzeit kann sie bis zu 12 Frischlinge gebären, die in 6 Monaten schon unabhängig sind.

Warum aber dringen Wildschweine so gerne in die Stadt ein?

Das Nahrungsangebot ist in Städte ausgiebig. Wildschweine sind Allesfresser und deshalb besonders flexibel in ihren Ernährungsgewohnheiten. Falls ihr bevorzugtes Fressen, Eicheln oder Mais, nicht vorhanden ist, sind Abfälle und Kompost ein guter Ersatz. Viele Stadtbewohner besitzen Gärten, wo sie Obst und Gemüse selbst züchten. Diese Nahrungsquelle versorgt die Wildschweine das ganze Jahr lang.

Wildschwein Denkmal

Berlin: Platz am Wilden Eber, Wildschwein Denkmal von Bildner Paul Gruson – Foto © Michele Carloni

Städte wie Berlin liegen in feuchten Gebieten mit Gewässern.  An Kanalufern und in der Nähe von Seen finden Wildschweine die Möglichkeit sich im Matsch zu wälzen und zu tummeln. Damit schützen sie nicht nur ihre Haut, sondern befreien sich auch von Parasiten und Insekten. Zuletzt bietet die Stadt verlassene Orte wie alte Baustellen, ehemalige Bahnhöfe oder Industriegelände. Sie sind eine ideale Höhle, wo die Tiere sich verbergen, ausruhen und vermehren können.

Welche Schäden richten die Wildschwein an?

Mais- und Getreidefelder sind oft dem Angriff der Wildschweine ausgesetzt. Die Stadtmenschen ärgern sich insbesondere wenn die Tiere in ihre Hausgärten einfallen. Die Eigentümer selbst tragen die Verantwortung für die Sicherung ihrer Grundstücken und haben daher keinen Anspruch auf Ersatz. Mit dem Rüssel wühlen die Wildschweine in der Wiese, am Fuß der Bäume und unter den Gesträuchern auf der Suche nach Wurzeln, Würmer oder Larven.

Sie kippen Mülltonnen um und zerstören Einzäunungen. Menschen sind von dem Rückkehr der Wildtieren in die Stadt gleichzeitig fasziniert und verängstigt. Die Reaktionen auf eine unerwartete Begegnung mit Wildschweinen sind deswegen unterschiedlich. Manche befürworten drastische Maßnahmen, wie die Erschießung der Tieren durch beauftragte Jäger, andere scheuen sich nicht die Tiere zu füttern aus Naturliebe oder um sie zu fotografieren.

Tatsächlich ist die Fütterung von Wildschweinen streng verboten und wird mit Geldbußen bis zu 5.000€ bestraft.  Eine schlechte Gewohnheit, die auch sehr teuer für die Tiere werden kann. Sie verlieren ihre natürliche Angst vor dem Mensch, kommen immer mehr in seine Nähe, und setzen sich der Gefahr für Verkehrsunfälle aus. Außerdem bewegen sich die Wildschweine am liebsten im Rudel, wo die Bache die Frischlinge verteidigt. Das Muttertier kann sehr aggressiv und gefährlich werden, wenn es sich von potentiellen Feinden herausgefordert fühlt.

Welche Lösungen stehen zur Verfügung?

Wildschwein Bronzeskulptur - Foto © Michele Carloni

Rostock: “Brunnen der Lebensfreude“, Detail, Wildschwein Bronzeskulptur – Foto © Michele Carloni

Die systematische Jagd der Wildschweine um ihre Anzahl unter Kontrollen zu bringen hat sich als relativ erfolglos erwiesen. Die Wildschweine sind immer noch da und vermehren sich unverändert. Aus Sicht der Experten ist es sinnvoller bestimmte Verhaltensregeln im Umgang mit Wildtiere zu beachten: Gartenabfälle und Kompost dürfen zum Beispiel nicht am Rande von Wäldern entsorgt werden, weil sie die Tiere aus dem Wald locken. Die Mülleimer im eigenen Garten sollen sorgfältig verschlossen werden.

Manchmal ist es die Natur selbst, die vorübergehende Lösungen schaffen kann. Wegen des vielen Regens in den vergangenen Wochen könnten Wildschweine wieder mehr Nahrung in den Wäldern finden und deshalb in Zukunft seltener in Wohngebiete kommen.

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