Unser Bruder der Fuchs

Füchse in Berlin - Illustration © Michele Carloni

Illustration © Michele Carloni

Der Fuchs gehört wie auch das Wildschwein, der Waschbär und die Wildkaninchen zu den Wildtieren im Stadtgebiet. Es ist nicht ungewöhnlich einen Fuchs in Stadtparks oder in verlassenen Orten und Industriegeländen zu sehen. Manchmal kommt man einen Fuchs in Stadtmitte entgegen. Genau wie die Wildschweine sind auch Füchse schlau und lernfähig und haben deshalb die natürliche Furcht für die Menschen verloren.

In Berlin herumlaufen

Berlin, halb elf abends: Plötzlich aus dem Lustwiese Park kommt ein Fuchs hervor, geht dem Marx-Engels Forum vorbei und hält an Rand des Bürgersteigs. Die hohe Verkehrsdichte der Karl Liebknecht Straße scheint hin nicht zu stören. Er schaut links und rechts, und wenn das letzte Auto vorbei ist, durchquert er mit Nonchalance die Straße. Dann eilt der Fuchs mit trippelnden Schritten in Richtung Berlin Dom und verschwindet irgendwo dahinten.

Der Fuchs ist ein von den wenigen Wildtieren, der scheint das Autoverkehr der Stadt verstanden zu haben. Demgemäß hat er sich von den Scheinwerfer der Autos nicht verwirren oder blenden lassen. Vielmehr ist er weit davon entfernt, sich von den Anwesenheit der Menschen erschrecken zu lassen. Hierdurch beweist sich der Fuchs als äußerst intelligent und anpassungsfähig. Aber genau diese Eigenschaften wurden zu seinem Verhängnis.

Der Fuchs und die Menschen

Der heilige Franziskus, Schutzpatron von Tieren, Natur und Umwelt, hätte sicher keine Schwierigkeiten den Fuchs als Bruder zu betrachten. Und zwar hätte er, der den Vögeln predigte und den Wolf von Gubbio zähmte, auch den Fuchs in seinen Sonnengesang neben Schwester Mond und Bruder Wind aufnehmen können. Leider bleibt Heiliger Franziskus ein einzigartiges Beispiel von Toleranz und Sanftmut verglichen mit seinen Zeitgenossen.

Gustave Doré illustration 1895

Die Krähe und der Fuchs – Gustave Doré (Die Fabelen von La Fontaine)

Da seit jeher hat die Mehrheit der Menschen gegenüber die Natur und die Wildtiere eine ganz andere Haltung. Besonders den Fuchs wurde mit Verdacht und Verachtung gesehen, wegen seiner ausweichenden Natur und seiner Geschicklichkeit die Bauernhöfe von Geflügel zu erleichtern. Demzufolge wurde der Fuchs verteufelt und Symbol der niederen Instinkten unserer Spezies.

Die Fuchsart die wir in einer Stadt wie Berlin treffen könnten gehört zu dem so genannten Vulpes vulpes, der Rotfuchs. Er ist der verbreitetste und bekannteste Fuchsart in Europa. Sein Bild ist in unserer Kultur tief verwurzelt und schon in Mittelalter wurde der Fuchs von allen Tieren den am meisten benutzt in Kunst und Architektur. Andererseits spiegelt die künstlerische Darstellung des Fuchses die Vorurteile der Menschheit gegen dieses Tier.

Der böse Reineke

Die Tradition, die den Fuchs als böses Wesens abbildet, ist tatsächlich sehr alt und dieses Tier steht im Mittelpunkt von vielen Mythen weltweit. Von dem römischen Dichter Ovid erfahren wir grausame Details über die Rituale der religiösen Feier Cerialia.

Fackeln wurden an die Schwänze von Füchsen gebunden, die in den Circus Maximus entlassen wurden. Sie wurden lebendig verbrannt um die Ackerbau-Göttin Ceres zu besänftigen und die Ernte zu beschützen. Opferritualen mit Füchsen für die Fruchtbarkeit der Böden sind ebenfalls bei den alten Inkas bestätigt. Aber auch bei den Bewohner der arktischen Gebiete in Nordamerika und Sibirien gilt der Fuchs als finsteres und listiges Tier.

Die bekannteste literarische Darstellung des Fuchses als unheimliches uns schädliches Wesen hat dennoch ihre Wurzel im Mittelalter. Das Epos von Reineke Fuchs wurde in vielen Europäischen Länder zum Bestseller. Hauptfigur ist Reineke ein verräterischer Fuchs, der sich wegen seiner Übeltaten mit den anderen Tieren verfeindet.

Gedacht als eine gleichzeitig unterhaltende und erzieherische Geschichte, Reineke Fuchs ist eine Mahnung gegen die verführerische Macht des Bösen. Dementsprechend wird der Schuldiger mit dem Tot bestraft.

Die Fuchsjagd

Disney Brother Fox in Song of the South

Br’er Fox alias Patzich, der Fuchs in Onkel Remus‘ Wunderland (Song of the South) Disney Film (1946)

Der Mensch hat häufig Vorwände gesucht, um seine zerstörerische Auswirkung auf Tier- und Naturwelt zu rechtfertigen. Im fall der Fuchsjagd wurde es ihm leicht, weil der Fuchs als der Gesetzlose und der Feind schlechthin gilt. Ebenso Walt Disney hat sich nicht gezögert den Fuchs als Lümmel und Verbrecher aufzuzeichnen. Sogar der Fuchsbau, meistens eine Höhle in der Erde, wurde mit allerlei abscheulichen Konnotationen verbunden. Nämlich grabt der Fuchs seine Zuflucht unter der Erde, wo auch Teufel und Hölle sich befinden. Die Fuchsjagd wurde demnach zur Säuberung-Kampagne gegen einen gerissenen Dieb und seine unterirdische Kraft erhoben.

Es ist bemerkenswert, dass in der asiatischen Kultur, und vor allem in Japan und China, der Glaube an die Fuchsfeen (Kitsune in Japan) sehr verbreitet ist und sogar Bestandteil der japanische Shinto Religion. Der Legende zufolge können die Fuchs-Geister menschliche Gestalt annehmen und Übeltaten begehen. Exorzismen um Menschen von dem bösartigen Geist der Fuchses zu befreien sind noch heute in Japan durchgeführt.

In Europe und der westlichen Welt breitete sich die Fuchsjagd zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert besonders aus. In der Zeit begannen andere üblich gejagten Tiere, wie Hirsche, auszusterben. Also wurde der Fuchs einen vorhandenen Ersatz, zumal man die Fuchsjagd als gemeinnützigen Dienst betrachten konnte. In England wuchs diese Aktivität zum nationalen Sport mit eigenen Ritualen- und Dress-Code. Nur in England wurden jährlich zwischen 21.000 und 25.000 Füchse getötet. Bis 2005 als die Fuchsjagd in ihrer bis dahin traditionellen Form mit Pferden und Hundemeute abgeschafft wurde. Jedoch nicht aus Mitleid für die Füchse, sondern um eine bessere gesetzliche Kontrolle über Land und Privateigentum zu erreichen.

Der Markt für Pelzmäntel

2002 machte ein Plakat von PETA (People for the Ethical Treatment of Animals)einige Schlagzeilen weltweit. Der Poster zeigte die britische Singer-Songwriterin Sophie Ellis-Bextor mit in der Hand, was von dem Fuchs nach der Behandlung in einer Pelzbetrieb bleibt. Kaum zu glauben gibt es immer noch heute Menschen (und nicht nur Frauen), die charmant finden einen echten Pelz anzuziehen. Diesbezüglich täuschen sich jene, die denken ein künstlicher Fell wird die Tiere retten. Insbesondere hinsichtlich des Fuchses haben Pelzzüchter den Trick angewendet, echte Fuchspelze auf dem Markt als künstlich abzusetzen. Sie können sich das leisten, weil die Erzeugungskosten für das Fuchsfell niedrig sind und ein echter Fuchspelz kann billiger als einen künstlichen sein.

Es gibt nichts Traurigeres und Abscheulicheres als eine Pelztierfarm. Berüchtigt ist die Pelzindustrie in China, aber die Pelzfarmen in Dänemark, den Niederlanden und Finnland sind nicht besser. Die Tiere, darunter auch die Füchse, werden in engen Käfigen jahrelang gehalten bis sie fertig sind um enthäutet zu werden. Die Füchse werden dann mit dem grausamen anale Elektroschock getötet.

Kurzum hat der Fuchs in seiner Begegnung mit dem Mensch kein Glück gehabt. Im Mittelalter wurde er als die Verkörperung des Bösen verdammt und verjagt. Später wurde er die ideale Jagdbeute für die Vergnügung des Adels. Heute ist er immer noch als Pelzmäntel benutzt um die eigene Selbstgefälligkeit der Menschen zu befriedigen. Ganz gleich welches die Gründe, am Ende muss der Fuchs sterben.

Rückkehr in die Stadt

Natalia_Kollegova fox bild- Fuchs BildAlso was machen dann die Füchse in der Stadt? Hätten sie nicht besser alle Kontakten mit dem Mensch vermeiden sollen, um ihre Chance zu überleben zu steigern? Indem er Zuflucht in der Stadt sucht, bekräftigt der Fuchs im Gegenteil seinen Ruhm als listiges Tier. Obwohl die Rückkehr der Wildtiere ins Staatsgebiet bleibt im Kernbereich ungeklärt und untersucht, sind manche Ursachen festgestellt. Erstens ist die Jagd im Stadtgebiet verboten. Zweitens ist die Temperatur im Winter innerhalb der Stadt wärmer als im Land. Drittens ist das Essen zur Genüge vorhanden. Essensreste sind über all so leicht zu finden, dass die Stadt als ein „Dauer-Supermarkt für Tiere“ tituliert wird.

Dank seiner Intelligenz und Anpassungsfähigkeit hat der Fuchs geschafft zu überleben. Trotz der unbarmherzigen Jagd und Ausnutzung, deren Opfer er war und immerhin ist, bleibt der Fuchs keine gefährdete Tierart. Allerdings hätte seine Beziehung zum Mensch ganz anders sein können.

Es gab Momente der Geschichte, als die Eigenschaften des Fuchses eine positive und inspirierende Auswirkung für das Mensch hatten. Beispielsweise sind viele Familiennamen wie Fox oder Todd (Fuchs in der englischen und schottischen Sprache) auf den Fuchs als tüchtiges Tier zurückzuführen. Der irische Klan Fox hat den Ursprung seines Namens ermittelt und einen gewissen Familienoberhaupt namens Tadhg O’Catharnaigh herausgefunden. Tadhg bedeutet genau Fuchs, und der Stammesführer, der im 11. Jahrhundert lebte, überlistete seine Gegner wie ein Fuchs. Und die geliebte Romanfigur Zorro, der Volksheld, der gegen die spanische Kolonialherrschaft kämpft, bedeutet im Spanisch Fuchs.

Der Fuchs ist keine Gefahr

Seit langem werden die Fuchse als Träger von Tollwut und Bandwürmern. Beide Problemen scheinen endgültig gelöst zu sein. Der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zufolge ist keine Tollwut bei Füchsen seit 2006 mehr aufgetreten. In den letzten 25 Jahren gab es in Berlin nur vereinzelte Beweise von mit Bandwürmern infizierten Füchsen. Füchse sind keine aggressive Tiere und sie greifen Menschen nicht an. Wichtig ist aber sie nicht durch Fütterung zu zähmen. Da immer wenn ursprüngliche Wildtiere sich an Mensch gewöhnen, ergeben sich Missverständnisse und Vorfalle daraus. Und diese sind immer zu Ungunsten der Tiere.

 

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